Dieser Text ist ein kurzer Anriss der Historie des Gebäudes Hopfenstraße 34 auf St. Pauli, von Ende der 1980er Jahre bis heute, der keinen Anspruch auf Richtig- oder Vollständigkeit erhebt.
Der besondere Blick gilt dabei natürlich dem Tiefparterre oder einfach dem Keller, in dem sich über die Jahre verschiedene Clubs versucht haben zu etablieren.
Den Anfang macht hier das Tiefenrausch (von ca. 1989 bis 2001), der “etwas andere” Techno+House Club.
Für nähere Informationen sei hier der Blog ‘Clubs von gestern’ empfohlen, in dem ganz gut beschrieben wird, wie sich damals ein Besuch dort anfühlte.
Zu dieser Zeit waren die oberen Etagen noch von Sexarbeiter*innen bewohnt, die Anfang der Nullerjahre von dort vertrieben worden sind, weil die gegenüberliegende Häuserzeile der ehemaligen Bavaria-Brauerei luxussaniert wurde.
Auch hierzu gibt es eine Blog-Empfehlung: ‘Es regnet Kaviar‘.
Die Gelegenheit nutzen wollten auch zwei Frauen aus der Gastro-Branche, die das “The Better Days Project” so um 2002 in den ehemaligen Räumen der Sexarbeiter*innen im Souterrain eröffneten. Sie investierten einiges in den Umbau, um einen sehr stylischen Tanzclub mit Cocktail Bar und hohem Flirtfaktor zu gestalten. So richtig aufgegangen scheint das neue Konzept nicht zu sein, denn im Jahr 2004 wurde der zu dieser Zeit im Hochparterre befindliche Club “Living Room” mit dem “Better Days Project” im Keller zusammengelegt.
Mit neuem Anstrich in bonbonrosa und himmelblau, wird das Ganze schließlich in Zuckerklub umbenannt.
Wer die Betreiber*innen waren, bzw. wie lange der Klub sich auf den zwei Etagen gehalten hat, entzieht sich unserer Kenntnis.
Jedenfalls war er 2008 an dieser Stelle nicht mehr existent.
Zwei Jahre später, irgendwann in 2010, eröffnete im Hochparterre mit der Napalm Beach Tiki-Bar ein Laden, der mit seiner Mischung aus Punkrock und leckeren Cocktails, sehr gut zu dem seit 2009 im Keller ansässigen Skorbut gepasst hat. Jenes wurde 2008 aus der Paul-Roosen-Straße 33
(ex-Max Bar, die Älteren werden sich erinnern ;)) verdrängt und hat nach einem größeren Umbau, innen und an der Vorderseite des Gebäudes, seine neue Heimat in der Hopfenstraße 34 gefunden.
Das Motto des Skorbuts war ‘Up the Punx’ und entsprechend war der Laden, wie zuvor schon in der PRS, voll auf Punkrock ausgerichtet.
Wer mal bei myspace.com/skorbuthamburg luschert kann sich ungefähr ein Bild davon machen…
Leider war nach fast 6 Jahren Schluss mit dem Skorbut, aber ein Nachfolgeladen war zum Glück schnell gefunden:
Der Übergang zum Kraken im Juni 2014 verlief nahezu geräuschlos.
Lediglich ein paar Änderungen in der Aufteilung der Sitz- und Spielgelegenheiten (Kicker) wurde vorgenommen. Bedauerlicherweise wurde das Kraken nicht so gut angenommen und konnte sich nur knappe zwei Jahre als Punkrock-Keller-Nachfolgelokal halten.
Mit dem Menschenzoo im September 2015 änderte sich erstmals das Konzept vom reinen Kneipenbetrieb mit gelegentlichen Punk-Konzerten, zu einer Live Music Venue, die mit mindestens 2-3 Shows pro Woche, durchaus mit den etablierten Läden wie dem Hafenklang oder dem Störte mithalten konnte. Die Konzerte waren zum Großteil gut besucht, allerdings braucht es dann doch auch etwas mehr Gäste nach den Shows, die noch zwei bis fünf Kaltgetränke zu sich nehmen.
Das war leider selten der Fall, egal wie viel Mühe sich die DJ*anes mit der Aftershow Party gaben.
So kam es, wie es kommen musste: der Inhaber des Menschenzoos wollte im April 2019 den Laden nicht mehr weiter betreiben, weil er sich trotz der vielen großartigen Konzerte finanziell nicht selbst getragen hatte.
Weil aber von vornherein klar war, dass so ein “Biotop der Subkultur” wie es ein Gast auf FB schrieb, nicht kampflos aufgegeben werden darf, musste so schnell wie möglich eine Lösung her.
Deshalb setzten sich mehrere Leute, die schon im Menschenzoo verschiedenste Funktionen inne hatten, zusammen und gründeten den
‘Verein zur Förderung antifaschistischer Kunst und Kultur St. Pauli’ um mit jenem als Trägerverein fortan die Kellerkneipe unter dem Namen SEMTEX Kulturkollektiv, als nichtkommerziellen Laden weiter betreiben zu können.
Dass das mit vielen Hürden, großen und kleinen Katastrophen sowie einem Konzertverbot durch das Bezirksamt plus Schließung per Allgemeinverfügung wegen Corona verbunden sein würde, hat sich zu diesem Zeitpunkt, im Mai 2019, niemand auch nur im Entferntesten vorstellen können…
Aber das ist eine andere Geschichte.
Da so ein Text allein kaum alte Erinnerungen weckt, haben wir eine Bildergalerie dafür zusammengestellt.
Darin befinden sich Fotos, die teils aus dem Web, teils aus privaten Archiven stammen.
Falls sich jemand darauf wiedererkennt und das nicht möchte, bitte eine Mail an kulturkollektiv-semtex[at]riseup[dot]net schicken, dann nehmen wir das Foto wieder raus. Dank an Alle, die uns Bildmaterial zur Verfügung gestellt haben!
Die Copyrights liegen jeweils bei den Fotograf*innen.